„In der Pandemie haben wir eine gute Funktion erfüllt“, sagt Alexander Brünink, Geschäftsführender Gesellschafter der Stoffe Brünink & Hemmers GmbH mit Blick auf das vergangene Jahr. „Wir haben dafür gesorgt, dass sich die Menschen zu Hause ...
Stoffe Brünink & Hemmers setzt eine Nordhorner Tradition fort
„In der Pandemie haben wir eine gute Funktion erfüllt“, sagt Alexander Brünink, Geschäftsführender Gesellschafter der Stoffe Brünink & Hemmers GmbH mit Blick auf das vergangene Jahr. „Wir haben dafür gesorgt, dass sich die Menschen zu Hause mit ihrem Hobby beschäftigen konnten“. Denn während uns das Coronavirus kollektiv zum Rückzug ins Private zwang, entdeckten viele Menschen ihre Lust am Selbermachen. Handwerken, Brotbacken und Nähen füllten die Lücken, die geschlossene Kinos, Konzertsäle und Cafés in unsere Leben rissen.
Brünink und sein in Nordhorn ansässiges Unternehmen gehören daher zu den Profiteuren der Pandemie – obgleich das Familienunternehmen auch vorher schon auf eine beeindruckende wirtschaftliche Entwicklung zurückblicken konnte. Dabei begann alles vor rund 35 Jahren mit einer kleinen Ladenkette. Doch blicken wir zunächst noch ein Stück weiter zurück.
Europäisches Stoffzentrum
Im 20. Jahrhundert war Nordhorn das europäische Stoffzentrum. 100 Jahre lang galt der Satz „Nordhorn hängt am Baumwollfaden“. Modezaren wie Karl Lagerfeld schauten regelmäßig in den namhaften Fabriken der Stadt vorbei, um sich von Stoffen und Mustern für ihre extravaganten Kollektionen inspirieren zu lassen. Mit der wachsenden Globalisierung endete der Textilboom in der Grafschaft Bentheim jedoch. Es wurde immer günstiger, Textilien in Asien zu produzieren und so stellte die letzte große Textilfabrik 2001 schließlich ihren Betrieb ein. Heute kann man die spannende Textilgeschichte in der Dauerausstellung des Stadtmuseums Nordhorn erleben. In der Blütezeit arbeiteten mehr als 12.000 Menschen in der Nordhorner Textilindustrie – unter ihnen auch Jan-Hermann Brünink, Alexanders Vater. 20 Jahre lang war er in führender Position für den Textilgroßhändler Hemmers Itex tätig, bevor er sich mit zwei Ladengeschäften in Mettingen und Melle selbstständig machte.
Sein Filialnetz wuchs schnell im norddeutschen Raum und 2002 erhielt Brünink Senior das Angebot, die Ladenkette „Modestoffe Renate Hemmers“ zu kaufen. Neben 30 Geschäften und dem bekannten Namen ging dabei auch der Vorläufer des heutigen Onlineshops stoffe-hemmers.de in den Besitz der Brüninks über. Und hier kommt Alexander Brünink ins Spiel.
Potenzial früh erkannt
„Es war nicht immer klar, dass ich einmal das Unternehmen meines Vaters übernehmen würde“, sagt der heute 38-jährige Familienvater. Aber wie das Schicksal manchmal so spielt, hatte Alexander Brünink eine abgeschlossene Ausbildung als Fachinformatiker für Systemintegration. Als er dann Small Business & Retailmanagement im niederländischen Enschede studierte, nahm er sich als erstes großes Studienprojekt den väterlichen Webshop vor.
Das war 2004. Weltweit steckte der Onlinehandel noch in den Kinderschuhen. Web-Gigant Amazon hatte nicht einmal zehn Jahre zuvor sein erstes Buch über das Internet verkauft. Doch Stoffe Brünink & Hemmers glaubte an den Trend – obgleich es selbst unter den eigenen Mitarbeitern Bedenken gab. „Einige sagten: ‚Stoffe über das Netz verkaufen, wird nicht funktionieren‘“, erinnert sich Alexander Brünink. Mit einer guten Darstellung der Stoffe in Bild und Video sowie den Musterversand gelang es allerdings, das haptische Erlebnis des Stoffekaufs in das World Wide Web zu transportieren – und der Online-Shop wuchs schnell. Für Brünink war damit nach dem Grundstudium klar, dass er in das Familienunternehmen einsteigen würde.
Aber längst nicht alles läuft bei Stoffe Hemmers digital: „Kundenservice ist das A und O.“ So sind etwa die Stoffberater des Stoff- und Kurzwarenhändlers jederzeit telefonisch erreichbar und beantworten brennende Fragen wie „Welches Garn passt zu welchem Stoff?“ Für dieses Matching gibt es keine IT, sondern nur jahrelange Erfahrung.
Folgen des Strukturwandels
Während sich die Geschäfte online entgegen aller anfänglichen Skepsis prächtig entwickelten, machte sich in Läden der Brüninks allmählich der Strukturwandel der Innenstädte bemerkbar. 2018 entschied man sich daher, die Ladengeschäfte an einen örtlichen Stoffhändler zu verkaufen. Wie schwer dieser Schritt fiel, wollen wir von Alexander Brünink wissen. Die Antwort kommt fast ohne Zögern: „Ich glaube nicht an den stationären Handel.“
Für den Jungunternehmer gehört die Zukunft dem E-Commerce. Die Fokussierung seiner Firma hält er deshalb für folgerichtig.
Inzwischen ist stoffe-hemmers.de einer der deutschen Marktführer im Bereich Stoffe und Nähzubehör. In den Nordhorner Hallen lagern über 6.000 Stoffe sowie 5.000 unterschiedliche Artikel im Nähzubehör – von der Nadel bis zum Schulterpolster. Täglich sind rund 1.000 Pakete im Versand.
Dabei schöpfen Brünink und sein Team alle Möglichkeiten aus, die ihnen der Online-Handel bietet. Denn jeder digitale Einkauf hinterlässt eine Datenspur, durch die sie ihre Kunden und deren Bedürfnisse besser kennenlernen. „Durch die Analyse wissen wir zum Beispiel, welche Farben und Designs besonders gut gehen“, erklärt Alexander Brünink. Dieses Wissen nutzt das Unternehmen für eigene Stoffkreationen, die seit 2014 unter dem Label „Malomi“ erfolgreich vertrieben werden. Mit diesen Eigenproduktionen unterscheidet sich Stoffe Brünink & Hemmers deutlich von der Konkurrenz.
Nah am Kunden
Seine Nähcommunity liegt Brünink daher auch besonders am Herzen. Stolz ist er auf die inzwischen 40.000 Instagram-Follower und 57.000 Facebook-Follower seines Unternehmens, die leidenschaftlich ihre Schneiderkunst präsentieren – und damit zu Markenbotschaftern werden. Früh hat man auch das Potenzial von YouTube-Tutorials erkannt und versorgt die Nutzer regelmäßig mit Nähanleitungen – getreu der Philosophie „Alles aus einer Hand für dein Nähprojekt“.
Die überwiegend weibliche Kundschaft im Alter von 20 bis 65 Jahren ist zufrieden. Gerade im letzten Frühjahr – als jeder Haushalt mit einer Nähmaschine in die Maskenproduktion einstieg – verzeichnete Alexander Brünink plötzlich eine riesige Nachfrage, die ihn und seine mittlerweile 60 Mitarbeiter vor so manche Herausforderung stellte. Logistik wurde ein immer größeres Thema. „Das geht dann nur, wenn man vorher schon gut aufgestellt ist“, sagt der Geschäftsführer rückblickend. Mit der zeitweiligen Einführung eines Schichtsystems, umfangreichen Hygienemaßnahmen und verständnisvollen Kunden meisterte die Nordhorner Firma die Krise
Was kommt als Nächstes für die Stoffe Brünink & Hemmers GmbH? Der Chef möchte nicht aus dem Nähkästchen plaudern. Ein Schwerpunkt wird jedoch der Ausbau der französischen und niederländischen Ländershops sein – und man hat den Eindruck, als hätte Alexander Brünink das bereits sauber eingefädelt.
Quelle: https://www.grafschaft-magazin.de/