Es handelt sich um eine besondere Form der Spitze, benannt nach dem französischen Ort Chantilly, etwa 40 km nördlich von Paris. Im 17.Jahrhundert wurde in der Region dieses traditionelle handgeklöppelte Muster begründet, welches
- von floralen Ornamenten,
- mit unterschiedlichen Lochgrößen,
- Bogenkanten,
- offenen Säumen und
- abstehenden Fransen
geprägt ist.
Warum Chantilly-Spitze auch als Trauergarderobe gilt
Chantilly-Spitze wurde früher in Schwarz, oftmals zu Beerdigungen getragen. Die einfarbige aus Seide bestehende Kleidung wurde zum Klassiker.
Aber das ist nur die eine Richtung von Chantilly-Spitze. Denn diese Spitzenkunst mutet auch zart und luxeriös an, weshalb sie nicht nur in einer Ganovenserie wie den Peaky Blinders absolut gut aussieht, sondern auch in der Brautmode und zur Lingerie eingesetzt wird.
Bilder der historischen Chantilly-Spitze findest du bei wikipedia (en).
Spitzenstoffe zieren ein Kleidungsstück. Ein Galon ist das zivile Gegenstück zum militärischen Lampasse – ein Zierstreifen. Wobei natürlich auf Militäruniformen nicht Seidenstoff, sondern glänzende, schwere Stoffe wie Damast verwendet werden. Oder lexikonartig formuliert: Ein Galon ist eine breite Glanzlitze mit Querlaufeffekten als Besatz oder Abschlussborte.
Die Reticella-Spitze ist historisch der Vorläufer der Nadelspitze. Zunächst nahm man ein Leinwandtuch (mehrschichtiger Leinenstoff) und überlegte sich ein Muster, welches man in den Leinwandstoff einarbeitete. Dazu muss man Fäden und Stoffstücke aus den Stoff heraus schneiden. Die entstehenden Poren oder Stege werden dann umstickt. Wenn dann, wie im Falle der Reticella Spitze die Fäden von Kette und Schuss entfernt werden, spricht man von einem Doppeldurchbruch. Das Muster wird auf Pargament gestickt, was ebenfalls typisch für handgemachte Nadelspitze ist.
Unter dieser Spitze versteht man eine Ausbrennerspitze, aus der Besatz – und Einsatzspitzenbänder bzw. Stickereispitzen nach Motiven wie Mustern alter Nadelspitze produziert werden. Die Bezeichnung „Ausbrenner“ ist von der Herstellungstechnik dieses Produkts abgeleitet: zunächst werden die Motive maschinell auf einen Untergrund gestickt, dann wird dieser Untergrundstoff, die sogenannte Ätzgaze, weggeätzt, so dass nur noch das Spitzenmotiv übrigbleibt. Da dieses Wegbrennen in den Anfangszeiten in einem Säurebad geschah, spracht man vom „Ausbrennen“.
Die Geschichte der Ribbon- oder Ausbrennerspitze
Diese Spitze, die auch unter den Bezeichnungen Ätzspitze, Luftspitze oder Guipurespitze (Spitze ohne Grund) bekannt ist, wurde erstmalig 1883 im schweizerischen St. Gallen hergestellt. Der erst einmal sorgfältig bearbeitete Stickgrund wurde nach dem Fertigstellen des Stickmotivs weggeätzt. Oftmals wurde hierfür mit Baumwolle auf Seide gestickt. Heute wird der Stickgrund allerdings nicht mehr geätzt, sondern zugunsten größerer Umweltfreundlichkeit aus wasserlöslichen Material hergestellt. Die so kreierten, wunderschönen und sehr romantischen Spitzen erinnern an die alten Brüsseler- oder venezianischen Spitzen sowie die traditionellen irischen Spitzenhäkeleien.
Die schönen Kreationen der Schweizer Spitzenindustrie verhalfen diesem Produkt über das Ende des 19. Jahrhundert hinaus zu großem Erfolg und ließen es lange in Mode bleiben. In den Hoch-Zeiten dieser Entwicklung gab es unvorstellbar viele verschiedene Motive und anders als die vorgenannten teuren Spitzen aus Belgien, Italien oder Irland waren Ätzspitzen für die Masse erschwinglich – bei adäquat schönem Aussehen.
Wofür wird Ribbon- oder Ätzspitze heute verwendet und in welchen Arten und Formen gibt es sie?
Im textilen Wohnbereich wird Ribbon- oder Ätzspitze von eleganten und anspruchsvollen Raumausstattern z. B. bei Gardinen als Sockel oder Bordürenabschluss verwendet.
Im textilen Bekleidungsbereich findet sie als Verzierung für anspruchsvolle und aufwendig gestaltete Damenunterwäsche Anwendung, gibt romantischen Hochzeitskleidern ein zusätzlich kostbares und exklusives Flair und dient in der Alltagskleidung oftmals zur Verzierung folkloristischer Mode. Auch Damenaccessoires wie Taschen oder Etuis werden je nach Stil mit dieser Spitze verziert.
Es gibt derartige Spitzen heute vom Band in verschiedenen Breiten, Farben und Mustern. Spitzenbänder bei Stoffe Hemmers.
Sankt-Gallener-Stickerei ist der Oberbegriff für maschinell hergestellte Spitzenstickereien, deren Geschichte 1828 mit der Erfindung der ersten Handstickmaschine beginnt. Die Region St. Gallen erwirtschaftete um 1910 laut wikipedia 18% der Schweizer Wirtschaft und stellte über 50% der weltweiten Stickerei-Produktion. Die Weltkriege und die Weltwitschaftskrise warfen die Stickerei weltweit an Bedeutung zurück. Auch in St. Gallen kann man das – wie zum Beispiel auch in Plauen (Stickereistadt in Sachsen) – beobachten.
Heute kommen aus St. Gallen wieder Stickereiprodukte – jedoch nicht mehr in dem Maße wie es vor dem 1. Weltkrieg der Fall war. Übrigens widmet sich ein spannendes Museum dem St. Gallen – eine Textilstadt.
Aus der französischen, aber auch flandrischen Kleinstadt Valenciennes stammt eine der feinsten und kostbarsten Handklöppelspitzen mit einer Musterung im Leinenschlag. Sie arbeitet mit einem durchlaufenden, sehr dünnen Faden sowie mit großer Klöppelzahl. Auf 10 cm Breite der Ware können bis zu 800 Klöppel kommen. Typische Spitzenmotive sind florale Muster wie Blumen und Blätter.